6. DICO Forum Tagungsbericht

Was sich vor zwei Jahren angekündigt hatte, hat sich diese Woche am Dienstag und Mittwoch in Berlin erwiesen. Der DICO ist erwachsen geworden, oder wie der Vorstand es formuliert, es ist Zeit für das nächste Level – Richtig!

Woran zeigt sich das? Man könnte es an der schieren Zahl festmachen. Über 300 Teilnehmer waren diesmal angemeldet und brachten die Organisatoren rund um Herrn Fain und Frau Runge erstmals zum vorzeitgen Anmeldestop. Aber das wäre zu einfach. Quantität ist nicht das Kriterium. Ich möchte das lieber an zwei anderen Punkten festmachen.

DICO hat sich als der interdisziplinäre Mittelpunkt der deutschen Compliancewelt etabliert. Nur hier trifft der Erzabt von St. Peter auf den Spiegelredakteur, der Hochschullehrer auf die Complianceofficerin, die Oberstaatsanwältin auf den Ministerialdirigent und die Vertreterin der NGO auf den Berater.

Und wenn wir diesmal besonders intensiv über die anstehenden Regelungen des Verbandssanktionenrechts (Strafrecht will einfach keiner sagen) diskutiert haben, dann nicht nur in der Gewissheit von Herrn Dr. Korte Informationen aus erster Hand zu bekommen, sondern auch in dem Wissen, dass der Arbeitskreis Strafrecht des DICO im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gehört wird und das Know-How seiner Mitglieder einbringen kann. Damit ist der DICO tatsächlich auf dem nächsten Level angekommen. Er ist nicht mehr nur Plattform für interdisziplinären Austausch zu Fragen der Compliance, DICO gestaltet Compliance in Deutschland aktiv mit.

Zum Programm selbst will ich nur wenig sagen. Ein Link am Ende des Beitrags wird einen guten Überblick geben. Neben den fachlich interessanten Vorträgen und Arbeitskreisen war es für mich diesmal die Key Note des Erzabts der Benediktiner Abtei von St. Peter, Korbinian Birnbacher. Nichts zeigt aus meiner Sicht so gut, wie ein Zitat aus einer Predigt, dass Compliance nicht (nur) Regeltreue sondern vor allem und zuerst Wertevermittlung ist, wenn es dort heißt:

“Ich glaube nicht, was Du sagst, denn ich sehe, was Du tust.”

So einfach kann man die Bedeutung und Wirkung von “Tone at the Top” für Compliance auf den Punkt bringen.

.Aber auch die über 1300 Jahre alten Regeln des Heiligen Benedikt geben noch heute jedem Complianceofficer Anlaß zum Nachdenken:

Zwar lesen wir, Wein passe überhaupt nicht für Mönche, Weil aber die Mönche heutzutage sich davon nicht überzeugen lassen, sollten wir uns wenigstens darauf einigen, nicht bis zum Übermaß zu trinken sondern weniger.

Es gilt also das Machbare zu tun, dabei immer das rechte Maß zu halten und die Schwächen des Einzelnen nicht aus dem Blick zu verlieren. Ein Gedanke, den man in den Compliancealltag durchaus mitnehmen kann.

Wer nun noch nicht bedauert, dass er/sie nicht dabei war, dem führt diese kleine filmische Zusammenfassung klar vor Augen, warum er das nächste Mal nicht fehlen darf.

Neue Richtlinie für AML, ABC und Terrorismusfinanzierung der internationalen Immobilienbranche

Der RICS, Royal Institution of Chartered Surveyors, in London hat am Freitag eine weltweit gültige Richtlinie zur Bekämpfung von Korruption, Bestechung, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgestellt. Die in englische Sprache gehaltene Richtlinie will einen Branchenstandard setzen und gilt zunächst weltweit für die Mitglieder des RICS.

Um dem internationalen Ansatz gerecht zu werden, definiert die Richtlinie die wesentlichen Begriffe zunächst eigenständig. Die knapp 30 Seiten gliedern sich in einen zwingend zu beachtenden Teil, Empfehlungen für die Hauptthemen ABC, AML und Terrorismusfinazierung sowie ergänzende Hinweise. Im letzten Teil finden sich dann u.a. kurze Darstellungen zu Whistleblowing, Customer Due Diligence und PEPs.

Wie immer kann man solche international ausgerichteten Werke aus deutscher Sicht als bestenfalls überfällig bezeichnen, da sie nichts wirklich Neues enthalten (können). Fokussiert man sich demgegenüber auf die internationale Ausrichtung, so ist ein solcher sachlich umfassender internationaler Standard in einem derart risikogeneigneten Sektor wie der Immobilienbranche nur zu begrüßen. Und, am Ende, mag auch das ein oder andere deutsche Unternehmen daraus noch Anregungen zur Verbesserung des eigenen CMS finden, und jedenfalls der für Mitglieder des RICS zwingende Teil gibt Anlaß, die eigenen Prozesse noch eimal zu prüfen.

Ergänzendes aus deutscher Sicht findet sich auf der Seite des Institus für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft

LG Dortmund weist Klage gegen KiK ab – gewonnen? verloren?

Gestern hat das Landgericht Dortmund die Klage von 4 pakistanischen Staatsangehörigen gegen KiK wegen Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Brand auf dem Fabrikgelände in Pakistan abgewiesen. Begründet wird dies mit der nach pakistanischem Recht eingetretenen Verjährung.

Knapp 4 Jahre nach Klageerhebung und 6,5 Jahre nach dem Unglück findet damit die Angelegenheit ihr -vorläufiges – Ende. Betrachtet man es rein jurisitsch und prozessual gibt es klare Gewinner und Verlierer. Bei näherer Bertrachtung ergibt sich aber vielleicht ein differenziertes Bild.

Zunächst bitte ich um Nachsicht, wenn ich hier für keine der Prozeßparteien Partei ergreife und bitte dies insbesondere nicht als Ignoranz der persönlichen Schicksale zu bewerten. Für meine Bewertung im Sinne der Weiterentwicklung von Compliance und werteorientierter Unternehmensführung geht es jedoch um anderes.

Durch das Verfahren ist die Katstrophe aus dem Jahr 2012 bis heute in unserem Gedächtnis geblieben. Es sind Berichte entstanden, die Verantwortung in der Lieferkette wurde vielfältig diskutiert, gerade auch über die rechtlichen Vorgaben hinaus, und auch das Bild in der Bevölkerung, den Verbrauchern, also von uns allen wurde verändert. Die brennende Fabrik verschwand nicht am nächsten Tag aus den Köpfen und wurde durch einen Waldbrand, eine eingestürtze Brücke oder einen Vulkanausbruch ersetzt. “Geiz ist geil” würde heute kein Unternehmen mehr als Botschaft verwenden.

Das gestern verlorengegangene Verfahren hat also klare Spuren hinterlassen und es gibt einen Gewinner. Unser Bild von verantwortungsvollem, an Werten orientieren Wirtschaften hat sich verändert, ich sage verbessert. Es wurde eine Prozess in Gang gesetzt, der das Ende des (juristischen) Prozesses überdauern wird.

Und insofern bin ich offen gestanden froh, dass das Verfahren so ausging. Angst ist ein schlechter Ratgeber, auch Angst vor Schadenersatz. Das Thema “Verantwortung in der Lieferkette” belibt also insoweit ein Thema außerhalb der legal Compliance und da ist es angesichts der Vielfalt nationaler Regelungen auch besser aufgehoben. Für mich ein guter Tag für Compliance

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr

Liebe Leserinnen und Leser,

Weihnachten steht vor der Tür und es ist Zeit innezuhalten und Danke zu sagen. Vielen Dank an Sie für Ihr Interesse und Ihre Geduld, wenn der analoge Anwalt mal wieder an den Tücken der modernen Technik scheitert, und der Blog tagelang offline ist.

2018 war für Compliance ein ambivalentes Jahr. Wir können uns freuen, dass die Erkenntnis, Compliance beschränkt sich nicht auf Legal, immer mehr Platz greift, zugleich wachsen die Anforderungen an die ganzheitliche Betrachtung im Lichte von Künstlicher Intelligenz und den Entwicklungen im Internet. Wir freuen uns, dass Korruption – ein wenig – zurückgeht und sehen mit Sorge, wie Cybercrime und alle Fragen rund um die IT die Compliance Officer Land auf Land ab herausfordern. Der Ruf nach dem Ehrbaren Kaufmann wird zwar lauter, aber ein Blick in die Tagespresse macht deutlich, dass er vielerorts noch auf taube Ohren stösst.

2019 wird uns wieder ein wenig der Antwort auf die Frage näher bringen, ob Ethik, Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility Modeerscheinung sind, denen Raum nur in Hochglanzbroschüren gegeben wird, um dem Zeitgeist zu huldigen, und hinter vorgehaltener Hand nur gezischt wird, it’s the economy stupid, oder ob ein von einem Wertegerüst getragenes Wirtschaften nachhaltig erfolgreich ist und Volkswirtschaften, die sich diesem Weg verschreiben, langfristig profitieren.

Auch politisch wird 2019 spannend. Wird der “Fahrplan” noch (ent)halten, was der Koalitionsvertrag versprach? Bekommen wir ein Sanktionsrecht für Unternehmen? Werden die vielen offenen Fragen der “Internen Untersuchungen” in einen rechlichen Rahmen gekleidet, der den Akteuren Rechtsicherheit gibt? Sie sehen, es bleibt spannend und ich freue mich darauf, auch das Jahr 2019 mit Ihnen zum Thema Compliance zu begleiten. Jetzt aber wünsche ich Ihnen erst einmal Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, die nach wie vor “offline”, im “real life” oder wie man früher sagte, “zwischenmenschlich” stattfinden. In diesem Sinne besinnliche Feiertage und alles Gute für 2019!