LG Braunschweig zur Beschlagnahmefreiheit interner Untersuchungen

In diesem Sommer hat das LG Braunschweig (Az. 6 Qs 116/15 vom 21. Juli) die Reichweite der Beschlagnahmefreiheit im Kontext unternehmensinterner Untersuchung erheblich erweitert.

Viele von Ihnen werden sich noch an die sog. HSH-Nordbank Entscheidung des LG Hamburg (Az. 608 Qs 18/10 vom 15. Oktober 2010) erinnern, die zurecht zu einem Aufschrei bei Unternehmen wie Beratern geführt und sogar  eine gesetzliche Anpassung provoziert hat. Das LG Braunschweig betritt nun ebenfalls Neuland und dürfte in gleicher Weise Beachtung finden, allerdings diesmal – erfreulicherweise – in die andere Richtung.

Zwei Aspekte der Entscheidung werden für Diskussion sorgen. Zum Einen sieht das Gericht die Beschlagnahmefreiheit im Sinne von sog. Verteidigungsunterlagen  bereits dann als gegeben an, wenn ein OWi-Verfahren für das betroffene Unternehmen oder eine seiner Tochtergesellschaften nicht mehr fern liegt. Bislang und auch noch nach heute herrschender Meinung ist dafür wohl die tatsächliche Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erforderlich.

Zum Anderen können nicht nur Dokumente eines externen Rechtsanwalts darunter fallen, sondern grundsätzlich auch unternehmensinterne Unterlagen, wenn sie zum Zweck der Verteidigung gegen ein drohendes Verfahren erstellt werden. Dies wurde zwar im konkreten Fall für einen Bericht der Internen Revision verneint, ist aber in seinem grundsätzlichen Verständnis gleichwohl neu.

Man muß kein Prophet sein, um eine intensive Diskussion pro und contra dieser Entscheidung zu erwarten, deren Ausgang naturgemäß heute offenbleiben muß. Für den Rechtsanwender ist sicher auch problematisch, dass diese  Fragen immer (nur) auf Ebene eines Landgerichts entschieden werden, da es sich um Beschwerdeentscheidungen gegen Beschlagnahmebeschlüsse eines Amtsgerichts handelt. Die Stellungnahme eines OLG oder gar des BGH, und sei es in einem obiter dictum zur Frage des Verwertungsverbots  solcher im Wege der ( rechtswidrigen) Beschlagnahme gewonnenen Unterlagen, kann noch lange auf sich warten lassen. Und dennoch ist diese Entscheidung sicher ein valides Argument in entsprechenden Situationen und vor allem ein Schritt in die richtige Richtung.