Spanische Generalstaatsanwaltschaft veröffentlicht Rundschreiben zum neuen Unternehmensstrafrecht

Letzten Sommer wurde das spanische Strafrecht umfassend reformiert und dabei auch das Unternehmensstrafrecht neu geregelt. Nun hat der spanische Generalstaatsanwalt dazu ein Rundschreiben veröffentlicht.

In diesem 65-seitigen Papier erhält auch der neue Art. 31 bis CP ab S. 35 unter Ziff. 5  umfassend Raum. Unter Ziff. 5.6 (S. 51) werden dann die Kriterien benannt, nach denen ein im Unternehmen bestehendes Complianceprogramm geprüft werden soll, um als Strafausschlussgrund herangezogen werden zu können. Nachfolgend sollen die über 5 Seiten dargestellten neun Punkte stichpunktartig zusammengefasst werden:

  1. Allein die Etablierung eines CMS genügt nicht den Anforderungen des Art. 31 bis CP.
  2. CMS dienen nicht nur zur Verhinderung von Straftaten, sondern sie dienen vor allem der Verbreitung der Unternehmenskultur. Der Frage, inwieweit sich das CMS tatsächlich auf Führungsentscheidungen auswirkt, kommt daher maßgebliche Bedeutung zu.
  3. Zertifikate und Ähnliches können eines von vielen Kriterien bei der Bewertung eines CMS sein, ersetzen die eigenständige Bewertung durch die Justiz aber keinesfalls.
  4. Die Effizienz eines CMS hängt entscheidend von der Unterstützung durch die Unternehmensführung ab. Dementsprechend gilt ein CMS dann nicht als effizient, wenn ein Mitglied der Unternehmensleitung an der Begehung der Straftat mitwirkte oder diese zumindest duldete.
  5. Bei eigennützigen Delikten, die nur mittelbar Auswirkungen auf das Unternehmen haben, wird besonderes Augenmerk auf den Prozess der Personalauswahl – und beförderung zu legen sein.
  6. Kann das Unternehmen den Verstoß selbst aufdecken und der Staatsanwaltschaft offenlegen, so wird dies als besonders positives Zeichen für ein effizientes CMS gewertet.
  7. Weiter sind zu bewerten, auf welcher Hierarchieebene der Verstoß begangen wurde, wieviel Personen mitgewirkt haben, wieviel (gleichartige) Verstöße auftraten und wie lange diese andauerten.
  8. Auch das Verhalten des Unternehmens bei Verstößen in der Vergangenheit bezeugt die Effizienz des CMS, namentlich schnelle Reaktion und harte Sanktionierung. Frühere Gerichts- und Verwaltungsverfahren, auch wegen anderer Delikte, sind gleichfalls zu berücksichtigen.
  9. Schließlich ist zu bewerten, welche konkreten Maßnahmen zur Sanktionierung der Täter, zur Verbesserung des CMS und zur Schadenswiedergutmachung wie schnell ergriffen wurden sowie die Bereitschaft des Unternehmens zur Zusammenarbeit mit den Behörden.

Ich bitte Vorstehendes nicht als Übersetzung, sondern nur als kursorische Zusammenfassung anzusehen. Abzuwarten bleibt, wie diese Empfehlungen nun am praktischen Fall umgesetzt werden. Fälle, um dies einmal durch zu exerzieren, hat Spanien ja leider hinreichend.