LG Dortmund weist Klage gegen KiK ab – gewonnen? verloren?

Gestern hat das Landgericht Dortmund die Klage von 4 pakistanischen Staatsangehörigen gegen KiK wegen Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Brand auf dem Fabrikgelände in Pakistan abgewiesen. Begründet wird dies mit der nach pakistanischem Recht eingetretenen Verjährung.

Knapp 4 Jahre nach Klageerhebung und 6,5 Jahre nach dem Unglück findet damit die Angelegenheit ihr -vorläufiges – Ende. Betrachtet man es rein jurisitsch und prozessual gibt es klare Gewinner und Verlierer. Bei näherer Bertrachtung ergibt sich aber vielleicht ein differenziertes Bild.

Zunächst bitte ich um Nachsicht, wenn ich hier für keine der Prozeßparteien Partei ergreife und bitte dies insbesondere nicht als Ignoranz der persönlichen Schicksale zu bewerten. Für meine Bewertung im Sinne der Weiterentwicklung von Compliance und werteorientierter Unternehmensführung geht es jedoch um anderes.

Durch das Verfahren ist die Katstrophe aus dem Jahr 2012 bis heute in unserem Gedächtnis geblieben. Es sind Berichte entstanden, die Verantwortung in der Lieferkette wurde vielfältig diskutiert, gerade auch über die rechtlichen Vorgaben hinaus, und auch das Bild in der Bevölkerung, den Verbrauchern, also von uns allen wurde verändert. Die brennende Fabrik verschwand nicht am nächsten Tag aus den Köpfen und wurde durch einen Waldbrand, eine eingestürtze Brücke oder einen Vulkanausbruch ersetzt. “Geiz ist geil” würde heute kein Unternehmen mehr als Botschaft verwenden.

Das gestern verlorengegangene Verfahren hat also klare Spuren hinterlassen und es gibt einen Gewinner. Unser Bild von verantwortungsvollem, an Werten orientieren Wirtschaften hat sich verändert, ich sage verbessert. Es wurde eine Prozess in Gang gesetzt, der das Ende des (juristischen) Prozesses überdauern wird.

Und insofern bin ich offen gestanden froh, dass das Verfahren so ausging. Angst ist ein schlechter Ratgeber, auch Angst vor Schadenersatz. Das Thema “Verantwortung in der Lieferkette” belibt also insoweit ein Thema außerhalb der legal Compliance und da ist es angesichts der Vielfalt nationaler Regelungen auch besser aufgehoben. Für mich ein guter Tag für Compliance

NAP Wirtschaft und Menschenrechte

Während die Umsetzungsfrist für die CSR-Richtlinie am 08. Dezember 2016 bislang ergebnislos verstrich, hat sich die Bundesregierung an anderer Stelle um Fragen der Corporate Social Responsibility bemüht. Am 21. Dezember wurde der sog. Nationale Aktionsplan “Wirtschaft und Menschenrechte” verabschiedet.

Worum geht es?

Inhaltlicher Ausgangspunkt sind die UN Global Compact 10 Principles. Unter Federführung des Auswärtigen Amtes wurde in einem 2-jährigen Prozess gemeinsam mit Zivilverbänden, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft eine Agenda entwickelt, die die Verbesserung der Bedingungen in den heutigen globalen Lieferketten zum Ziel hat. Naturgemäß ist das Echo auf den Plan geteilt und es überrascht auch nicht, dass die Vorstellung des Projektes durch das Auswärtige Amt euphorischer gerät, als es der Wortlaut des Textes zulässt. Allerdings ist er doch sicher mehr als ein “Weihnachtsgeschenk an die Wirtschaftslobby“.

Der Staat als Akteur

Natürlich fällt auf, dass immer dort, wo der Staat selbst gefordert ist, wie etwa im Beschaffungswesen oder bei den Subventionen, sich die Maßnahme in einer “Prüfung” erschöpft, die selbstverständlich ergebnisoffen ist. Auch bei den Beteiligungen des Bundes kann man jetzt nicht von “beispielhaft” sprechen, wenn bei ca. 700 Unternehmen im Beteiligungsbericht des Bundes, die 13, die mehr als 500 Beschäftige haben, ab 2018 einer Prüfung unterzogen werden, ob sie den Deutschen Nachhaltigkeitskodex oder etwas Vergleichbares anwenden, aber nur falls sie international tätig sind.

Die Unternehmen der Privatwirtschaft

Hier wird der Plan schon etwas konkreter und betont die Vorzüge einer Collective Action der Unternehmen vor Ort vor einem Rückzug aus schwierigem Terrain. Bemerkenswert auch der Hinweis auf sog. “Beschwerdeverfahren”. So heißt es wörtlich (S. 6, 11, und 37 )

Unternehmen müssen sich an staatlichen Instrumenten und sollten sich an nicht-staatlichen Beschwerdemechanismen aktiv beteiligen. Wo diese fehlen, sollten Unternehmen nicht-staatliche Beschwerdemechanismen selbst einrichten.

Bei der Einrichtung neuer ebenso wie bei der Nutzung bestehender Mechanismen sollte darauf geachtet werden, dass diese ein faires, ausgewogenes und berechenbares Verfahren sicherstellen, das für alle potenziell Betroffenen zugänglich ist (z.B. durch den Abbau von sprachlichen oder technischen Barrieren). Ergänzend sollte die Einrichtung anonymer Beschwerdestellen in Betracht gezogen werden.

Bereits heute gibt es Unternehmen, die eigenen Beschäftigten und Externen die Möglichkeiten bieten, im Rahmen von unternehmensinternen und branchenbezogenen Beschwerdeverfahren auf mögliche oder tatsächliche Verstöße gegen Menschenrechte hinzuweisen. Die Bundesregierung wird zukünftig gute Beispiele sichtbar machen und die Einrichtung solcher Maßnahmen fördern.

Bei diesen Formulierungen hat die Bundesregierung bestimmt auch an das LG Bochum gedacht, und ganz konkret arbeitet Herr Maas sicher schon an entsprechenden Änderungen der StPO, damit künftig Hinweisgebersysteme in Deutschland für Unternehmen, Ombudsleute und Betroffene “ein berechenbares Verfahren darstellen” und – soweit gewünscht – die Anonymität auch durch die deutsche Staatsgewalt gewahrt wird.

Wie geht es weiter?

Um den Prozeß weiter verfolgen zu können, wurde eine zentrale Stelle im Netz eingerichtet

www.csr-in-deutschland.de

Für ein Fazit ist es sicher zu früh, aber gerade im Bereich des Whistleblowing hängt die Latte aus deutscher Sicht hoch und es wird spannend sein zu beobachten, wie die Bundesregierung hier die selbstgesetzten Ziel erreicht.